Der Begriff Haartmount für den Monat Januar ist heute kaum mehr bekannt. Als Hartmonat oder Hartmond war er früher im Deutschen weit verbreitet; und je nach Mundart bezeichnete er nicht immer den Januar, sondern mitunter den November, Dezember oder sogar den Februar (vgl. DWB). Schriftlich überliefert ist das Wort bereits im Althochdeutschen als hertimānōd, und zwar für den Dezember (Splett I,1, S. 357). Im Mittelhochdeutschen finden wir hertemānōt, hartmānōt, hartmān (= Hartmond) und weitere Varianten, und diese bezeichnen den November, Dezember oder Januar (Lexer). Eine weitere, wohl erst neuhochdeutsche Variante ist Hartung, und diese gilt nur für den Januar (Duden, S. 318).
In Luxemburg sowie in den Nachbarregionen bezeichnet der „Hartmonat“ ebenfalls durchwegs den Januar (vgl. WLM, LWB, LothWB, RhWB). Zu nennen sind in diesem Zusammenhang folgende zwei Sprichwörter, die dem LWB zu entnehmen sind:
{xtypo_sticky}1. Wann ech kënnt wéi mäi Brudder Haartmount, seet d’Spierkelin (Februar), dann déit ech d’Dëppe vir walen an hannen erkalen (auch: spalen). 2. Brudder Haartmount, wann ech déi Gewalt hätt ewéi s du, da misst d’Kallef erfréieren an der Kou.{/xtypo_sticky}
Das erste Sprichwort findet seine Entsprechung auch außerhalb von Luxemburg. So heißt es im nahegelegenen Prüm-Waxweiler laut RhWB:
{xtypo_sticky}De Spirkeler (Februar) sät: Wann ech wär wie mei Broder Hartmond, dann däht ich de Deppchen fir wallen un hannen (hinten) zerspalen.{/xtypo_sticky}
Beide Sprichwörter in einem vereint finden sich im Westerwald. Bei Grimm, Geschichte der deutschen Sprache, 1. Band, S. 62 erfahren wir:
{xtypo_sticky}Hätt’ ich Gewalt, wie mein Bruder Hartmond, sagt der Spörkel (Februar), so sollte das Kalb erfrieren in der Kuh, die Suppe vornen kochen, hinten frieren.{/xtypo_sticky}
Kommen wir nun vom Sprichwort zurück auf den eigentlichen Begriff Haartmount. Was ist dessen Etymologie, d. h. woher kommt er und was ist das ursprüngliche Benennungsmotiv?
Bereits im DWB wird der Monatsname zum Adjektiv hart gestellt. Dieser beziehe sich entweder auf die harte Winterzeit oder die harte Erddecke. Auch wird ebenda an einen Zusammenhang mit dem Substantiv Harst für den Schneeharst, also die Schneekruste, gedacht. In ähnlicher Weise interpretieren spätere Wörterbücher den Hartmonat als „harten Monat“; ein Zusammenhang mit Harst wird dagegen, wohl aufgrund des zu großen lautlichen Unterschieds, nicht erwogen. So ist z. B. nach Lexer das Benennungsmotiv für den Hartmonat die harte Winterzeit, die harte Schneedecke, laut LothWB der hart gefrorene Schnee; und auch Kluge/Seebold, S. 394 denken an das Adjektiv hart in der speziellen Bedeutung ‘kalt, gefroren’.
Der Beleg ahd. hertimānōd lässt uns zur Feststellung gelangen, dass die Bestimmung des Kompositums das Adjektiv ahd. herti ‘hart, fest; schwer; streng; beschwerlich; verstockt’ (Splett I,1, S. 358) ist, und in der Tat wäre dann ahd. hertimānōt der harte Monat. Spätestens in mittelhochdeutscher Zeit wurde mhd. hertemānōt tendenziell zu hartmānōt umgebildet. Mhd. hart stammt aus ahd. harto, wo es noch ausschließlich Adverb war (vgl. Splett I,1, S. 358). Erst im Mittelhochdeutschen konnte hart auch als Adjektiv fungieren (Lexer). Seit neuhochdeutscher Zeit haben sich die Formen mit Hart- endgültig durchgesetzt.
Doch wenn die Semantik ‘harter Monat’ nicht überzeugt, könnten wir uns folgende Frage stellen: Könnte mit dem Begriff ahd. hertimānōd nicht schon vor seiner Überlieferung im Althochdeutschen etwas Besonderes passiert sein, so dass dieser nur scheinbar etwas mit ‘hart’ zu tun hat? Könnte demnach ahd. hertimānōd eine in diesem Fall bereits frühe volksetymologische Umdeutung darstellen?
Erlauben wir uns, diese Frage mit Ja zu beantworten. Für das Althochdeutsche sind nämlich das Verb hertōn ‘(ab)wechseln’ sowie das Substantiv herta st.F. ‘Wechsel, Veränderung’ überliefert (Splett I,1, S. 384).
{xtypo_info}Es wäre denkbar, dass der Monatsname ursprünglich ahd. *hertamānōd lautete und dieser somit ‘Wechselmonat; Monat der Veränderung’ bedeutete. Das Benennungsmotiv könnte in diesem Fall die Wintersonnwende gewesen sein. Darüber hinaus hätten wir damit eine Erklärung, warum der Monatsname ursprünglich den Dezember bezeichnete.{/xtypo_info}
Noch vor seiner schriftlichen Überlieferung könnte das Kompositum ahd. *hertamānōd ‘Wechselmonat’ als hertimānōd ‘harter Monat’ reinterpretiert worden sein. Im Mittelhochdeutschen finden sich vom Substantiv ahd. herta ‘Wechsel, Veränderung’ keine Fortsetzer mehr. Vielleicht war dieses Wort bereits in althochdeutscher Zeit nicht mehr überall bekannt, und dadurch könnte dessen Umdeutung zu ahd. herti ‘hart’ speziell im Monatsnamen um so mehr begünstigt worden sein.
Abkürzungen
ahd. |
althochdeutsch |
mhd. |
mittelhochdeutsch |
st.F. |
starkes Femininum |
Literatur
Duden = Duden. Das Herkunftswörterbuch. 4. Auflage. Mannheim 2007.
DWB = Deutsches Wörterbuch. Von Jacob und Wilhelm Grimm. 16 Bde. Leipzig 1854–1960. URL: http://www.woerterbuchnetz.de
Grimm, Jacob: Geschichte der deutschen Sprache. 1. Band. 4. Auflage. Leipzig 1880. URL: http://www.archive.org/details/geschichtederdeu01grimuoft
Kluge/Seebold = Kluge Friedrich/Seebold Elmar: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 24. Auflage. Berlin/New York 2002.
Lexer = Lexer, Matthias 1872–1878: Mittelhochdeutsches Handwörterbuch. 3 Bände. Leipzig. Nachdruck Stuttgart 1970. URL: http://www.woerterbuchnetz.de
LothWB = Wörterbuch der deutsch-lothringischen Mundarten. Bearbeitet von Michael Ferdinand Follmann. Leipzig 1909. Nachdruck Hildesheim/New York 1971. URL: http://www.woerterbuchnetz.de
LWB = Luxemburger Wörterbuch. Herausgegeben von der Wörterbuchkommission. 5 Bde. Luxemburg 1950–1975. Ergänzungsband 1977. URL: http://engelmann.uni.lu:8080/portal/WBB2009/LWB/wbgui_py?
RhWB = Rheinisches Wörterbuch. Herausgegeben von Josef Müller, Heinrich Dittmaier, Rudolf Schützeichel und Mattias Zender. 9 Bde. Bonn/Berlin 1928–1971.
Splett, Jochen: Althochdeutsches Wörterbuch. 2 Bände. Berlin/New York 1993.
WLM = Wörterbuch der luxemburgischen Mundart. Luxemburg 1906. URL: http://engelmann.uni.lu:8080/portal/WBB2009/WLM/wbgui_py?