Über das Wort Datz ist im Luxemburger Wörterbuch (LWB) zu lesen:
{xtypo_sticky}Datz F. (älter: M., Plur. Dätz, Datzen): «Note ungenügend» für Schulleistungen (Pennälersprache).{/xtypo_sticky}
Des Weiteren finden wir eine entsprechende Verbalableitung:
{xtypo_sticky}datzen trans./intr. Verb.: «die Note ungenügend geben» — haut gouf ech an der Mathematik gedatzt — de Professer huet (ons) haut gedatzt — dat as een, dee gär datzt (Pennälerspr.).{/xtypo_sticky}
Vom Verb wurde schließlich das folgende Nomen Agentis abgeleitet:
{xtypo_sticky}Datzert M.: «Professor, der häufig datzt» (Pennälerspr.).{/xtypo_sticky}
Auch im Spätmittelhochdeutschen erscheint das Wort, und zwar als datz m., dätz m. Und ähnlich wie im Lateinischen/Romanischen hat es die Bedeutungen ‘Aufschlag, Abgabe, Umgeld, indirekte Steuer’ (DWB).
Wir stellen fest, dass der Begriff lb. Datz ursprünglich aus dem Lateinischen stammt und die Grundbedeutung ‘Abgabe’ hatte. Doch die Frage ist nun, wie man von ‘Abgabe’ auf die luxemburgische Bedeutung ‘Note ungenügend’ kommt.
Es ist vorstellbar, dass der Begriff für ‘Abgabe’ im fiskalischen Sinn für die Betroffenen von Anfang negativ konnotiert war, zumal sie sich mit einer unangenehmen Situation konfrontiert sahen. War man mit den Abgaben säumig, wurde die Situation gewiss nicht besser und man musste ggf. bereits damals mit Strafen rechnen. Auch konnte allein die Abgabe an sich als Ungerechtigkeit, als Schikane und als Strafe empfunden werden. Einen Hinweis auf diese These liefert uns das Altfranzösische. Hier existierte, neben dem bereits oben erwähnten Verb dacer ‘Steuern auferlegen’, auch das transitive Verb dacier, und es hatte die Bedeutung ‘heimzahlen’ (Tobler/Lommatzsch, Sp. 1167). Diese spezielle Bedeutung des Verbs ist wohl nur über den soeben dargelegten Hintergrund zu erklären, also über ‘Steuern auferlegen’ > ‘schikanieren’ > ‘strafen’.
Die semantische Sonderentwicklung ist im Altfranzösischen nur für das Verb und nicht für das Substantiv nachgewiesen. Diese müsste in Bezug auf das Substantiv demnach erst im Germanischen stattgefunden haben. Für lb. Datz ließe sich, sozusagen als semantische Brücke, der Weg ‘Abgabe’ > ‘Steuer’ > ‘Schikane’ > ‘Strafe’ nachzeichnen.
{xtypo_info}Wenn jemand also eine Datz, d. h. die Note ungenügend bekommt, ist das für den Betroffenen, wohl wahr, eine Strafe.{/xtypo_info}
Das Verb lb. datzen ist hingegen entweder direkt aus afrz. dacier ‘heimzahlen’ entlehnt und hat eine Bedeutungsverengung von ‘heimzahlen’ > ‘strafen’ > ‘die Note ungenügend geben’ erfahren, oder es ist erst innerluxemburgisch vom Substantiv Datz abgeleitet.
Außerhalb des Luxemburgischen finden wir Reflexe von lat. datium auch im benachbarten Saarland. Das Rheinische Wörterbuch (RhWb) vermerkt datzen, dazen; interessanterweise mit der Bedeutung ‘stehlen’. Dieser geht wohl direkt die Bedeutung ‘Steuern auferlegen’, so wie sie für das Altfranzösische belegt ist, voraus. Auch in diesem Fall kann festgestellt werden: Das Auferlegen von Steuern konnte von den Betroffenen praktisch mit Stehlen gleichgesetzt werden.
Literatur
Du Cange = Du Cange et al.: Glossarium mediæ et infimæ latinitatis. 4 Bde. Niort 1883–1887.
DWB = Deutsches Wörterbuch. Von Jacob und Wilhelm Grimm. 16 Bde. Leipzig 1854–1960.
Godefroy = Godefroy, Frédéric Eugène: Dictionnaire de l’ancienne langue française et de tous ses dialectes du 9e au 15e siècle. 10 Bde. Paris 1881–1902. Nachdruck Genf/Paris 1982.
LWB = Luxemburger Wörterbuch. Herausgegeben von der Wörterbuchkommission. 5 Bde. Luxemburg 1950–1975. Ergänzungsband 1977.
REW = Meyer-Lübke, Wilhelm: Romanisches Etymologisches Wörterbuch. 5. Auflage. Heidelberg 1972.
RhWB = Rheinisches Wörterbuch. Herausgegeben von Josef Müller, Heinrich Dittmaier, Rudolf Schützeichel und Mattias Zender. 9 Bde. Bonn/Berlin 1928–1971.
Tobler/Lommatzsch = Tobler, Adolf/Lommatzsch, Erhard (Hg.): Altfranzösisches Wörterbuch. 12 Bde. Berlin/Wiesbaden/Stuttgart 1915–2008.