Der Begriff Schuebermëss oder Schueberfouer ist sprachgeschichtlich noch nicht zweifelsfrei geklärt. Auf der offiziellen Internetseite des größten Luxemburger Volksfestes lesen wir:
{xtypo_sticky}Der Name „Schueberfouer“ rührt wahrscheinlich vom Ort her, wo der Jahrmarkt zunächst abgehalten wurde, nämlich der „Schuedburg“, dem heutigen Heilig-Geist-Plateau. Von der „Schuedburg“ kam man zur „Schuedmiss“ und dann zur „Schuebermëss“. Andere Quellen bringen die Schobermesse mit dem deutschen Wort „Schober“ in Verbindung. Als Schober wurden früher überdachte Plätze zum Heu- und Strohlagern bezeichnet (Quelle: www.fouer.lu).{/xtypo_sticky}
Von Scadeburch zu Schadbermiss
Der Begriff Schuebermëss ist durchaus von einer Ortsbezeichnung abgeleitet. Zum ersten Mal tritt diese im Jahr 1238 im Zusammenhang mit dem conventus de Scadeburch in Erscheinung.[1] Mit diesem Begriff wurde das Heilig-Geist-Kloster bezeichnet, das zwischen 1227 und 1235 errichtet wurde. In der aus dem Jahr 1340 stammenden und in altfranzösischer Sprache verfassten Gründungsurkunde über die Schuebermëss wird auf die „Scadeburch“ nicht direkt Bezug genommen, sondern es ist lediglich von foyre die Rede. Doch auf der Rückseite der Gründungsurkunde finden wir die praktisch zeitgenössische Notiz foire de schadebg. Damit handelt es sich um den ältesten Beleg für den Begriff Schuebermëss bzw. Schueberfouer. Ferner heißt es 1380–81 a la fore de Schadeberg; 1430–31 zu schaidburch off der foren und up Schaidber dage. Mit dage ist die Zeit der Schobermesse gemeint. Im Jahr 1444 lesen wir dann Le jour de la feste de Luxembourg que l’en dit scadeberch. Im Jahr 1515 ist schließlich von der Schadbermiss die Rede.
Von Schadbermiss zu Schobermesse, Schuebermëss, -fouer
Das Kompositum Schadbermiss zeigt bereits die durch die Kontraktion aus *Schadberchmiss oder *Schadburchmiss erfolgte Unterdrückung von ch von -berch oder -burch, oft standardisierend mit g geschrieben. In weiterer Folge wurde Schadbermiss durch Assimilation von d zu *Schabermiss, dann *Schobermiss und schließlich zu luxemburgisch Schuebermëss. Im deutschen Schriftbild hat sich die Form Schobermesse durchgesetzt. Diese zeigt die nur über das Moselfränkische zu erklärende Verdumpfung von a zu o und den Ersatz von -miss durch die standardsprachliche Variante -messe. Luxemburgisch Schuebermëss ist dagegen die lautgeschichtlich konsequente Fortsetzung von Schadbermiss. Die wohl jüngere Variante Schueberfouer zeigt Ersatz des älteren, aus dem Lateinischen stammenden Lehnwortes -mëss durch das jüngere, aus dem Französischen stammende Lehnwort -fouer.
Scadeburch aus Scadeberch: ‘schattenspendender Berg’
Es steht also fest, dass Schuebermëss, -fouer eine Ableitung von Scadeburch, Scadeberch ist. Doch woher kommen diese Toponyme? Es dürfte als wahrscheinlich gelten, dass Scadeberch die ältere und Scadeburch die jüngere Bezeichnung ist. Mit dem Toponym Scadeberch wäre demnach ursprünglich das gesamte Plateau bezeichnet worden, und Scadeburch als Bezeichnung für das Kloster wäre von Scadeberch abgeleitet.
{xtypo_info}Die Etymologie von Scadeberch ist vermutlich folgende: Es handelt es sich um ein Kompositum mit althochdt.-mitteldt. scado (sog. wa-Stamm) ‘Schatten’ und berg ‘Berg’. Die ursprüngliche Bedeutung von *Scadoberg könnte somit ‘schattenspendender Berg’ gewesen sein. Die Benennung dürfte vom Stadtteil Grund ausgegangen sein, der sich zu Füßen des Plateaus befindet und in dessen Schatten steht.{/xtypo_info}
Entsprechungen vom Typ Schadeberg/Schatteberg, Schadberg/Schattberg finden wir vielerorts im deutschen Sprachraum. Auch existiert das Toponym Schattenberg. Dieses ist jedoch eine modernere Bildung, zumal es von neuhochdt. Schatten und nicht von mittelhochdt. schate abgeleitet ist. Das -n von Schatten ist erst in neuhochdeutscher Zeit in Analogie an die n-Stämme angetreten.
Zum Gegensatz Schiet – Schueber-
Im luxemburgischen Begriff für ‘Schatten’, der Schiet lautet, ist kein –n angetreten. Allerdings zeigt luxemburgisch Schiet, im Gegensatz zu Schueber-, Umlaut und stammt somit aus einer älteren Form *Schäde. Für diesen Umlaut gibt es keine lautgesetzliche Erklärung, zumal in althochdeutscher Zeit kein i oder j in der Folgesilbe stand, das den Umlaut hätte auslösen können. Doch ist Schiet aufgrund seines erklärungsbedürftigen Umlautes im Luxemburgischen kein Einzelfall. Den Umlaut finden wir z. B. auch in héich ‘hoch’, etwa im Gegensatz zum Toponym Houwald ‘hoher Wald’ (Stadtteil von Luxemburg). Es stehen sich also eine Form mit Umlaut in den Appellativa (Schiet; héich) und eine Form ohne Umlaut in den Toponymen (Schueber-; Houwald) gegenüber. Die genauen Umstände für den Umlaut und der Zusammenhang zwischen den umlauthaltigen und umlautlosen Formen bedürfen weiterer Untersuchungen.
[1] Die folgenden Belege und Beschreibungen stammen aus: Margue, Michel: Pour ce que nous desirrons moult le profit e avancement de nostre pays et especiaulment de nostre ville de Lucembourc. Kurze Bemerkungen zum wirtschaftspolitischen Umfeld der Gründung der Schobermesse. In: Schueberfouer 1340–1990. Untersuchungen zu Markt, Gewerbe und Stadt in Mittelalter und Neuzeit. Herausgegeben von Michel Pauly. Luxemburg 1990, S. 47–62, bes. S. 56–57. Auch wird im Beitrag auf weiterführende Literatur und die Originalquellen verwiesen. Zu nennen ist an dieser Stelle auch Pauly, Michel: Die Anfänge der Schueberfouer. In: Ons Stad 61 (1999), S. 24–28.