Zu Schreibweise und Auswahl der Belege siehe die allgemeine Anmerkung am Ende des Textes.
Jedes Land erfindet sich seine Orte, die es nur in der eigenen Sprache gibt, sonst nirgends – meist nicht einmal auf der Landkarte. Verwendung finden solche fiktive Ortsnamen, wenn man ganz allgemein ausdrücken will, dass es sich um eine Ansiedlung irgendwo im verschlafenen Hinterland handelt, oder als Platzhalter für einen Ort, dessen Name einem entfiel. Oder der Ort liegt unvorstellbar weit entfernt.
Das Luxemburgische Wörterbuch belegt das heute ungebräuchliche beim vreckten Hénkel. Wer dort wohnte, hatte sein Domizil vermutlich in einer sehr verarmten Gegend. Über die ökonomischen Verhältnisse des lexikographisch belegten Nidderkluddescht erfahren wir nichts, doch dürfen wir davon ausgehen, dass es eine eher fade Ortschaft mit wenigen Attraktionen und geringer Infrastruktur ist. Guy Rewenig beschert uns zudem den universellen luxemburgischen Ortsnamen Knapphäischterbëlleg, der die häufigsten hiesigen Namensbestandteile enthält.
Das Deutsche kennt, je nach Region, auch verschiedene namenlose abgelegene Orte, von Kleinkleckersdorf oder Buxtehude (welches zumindest tatsächlich existiert; auf Google Maps) im Norden, Po(u)semuckel im Westen, jwd („janz weit draußen“) im Osten bis Hintertupfing(en) im Süden.
Briten sprechen in solchen Fällen unter anderem von Whatsitcalled oder Twiddlethorpe. Im Neuseeländischen Englisch galt bis zum Protest der Maori-Einwohner Eketahuna (auf Google Maps) als hinterwäldlerischster Ort der Welt. Heute sind eher die politisch korrekten In the Wop-Wops oder In the sticks, the backblocks in Gebrauch. In den USA spricht man unter anderem von Anytown oder Dullsville. Unsere französischen Nachbarn verwenden u.a. Trifouilly-les-Oies. Neugierigen belgischen Kindern kann man die Frage nach dem Reiseziel mit Foufnie-les-Berdouilles beantworten und ist dann vielleicht auf dem Weg nach Macapète.
Ein von Luxemburg besonders weit entlegener Ort scheint Honolulu zu sein. Der Ausspruch Wäers de gutt zu Honolulu! (auf Google Maps) möchte niemandem einen erholsamen Sonnenurlaub wünschen, sondern ihn dahin schicken „wo der Pfeffer wächst“. Bisweilen gibt es die Abwandlung hanner Lulu, andernorts die Variante am Hindu(i)stan! Verstirbt so ein ungebetener Mitbürger, könnten böse Zungen auch sagen e gët op Frädebuerg begruewen, wobei hier der lautliche Anklang zum Wort ‚Freude‘ den Ortsnamen hervorbrachte. Diesen Mechanismus finden wir wohl auch in den Redensarten en as vun Hammich, nët vu Giwenich (Givenech, auf Google Maps). Möglich ist hier eine lautliche Anbindung an das kindersprachliche „hammen“ bzw. „Ham Ham“ für (gieriges) Essen. Ähnlich verzeichnet das Wörterbuch: en as vun Hätten, was durch die Übereinstimmung mit der Konjunktivform „hätten“ eher von jemandem gesagte wurde, der sich mit Hätten, Hitten, Haten die Welt ganz anders wünscht, denn von einem Einwohner Huttelanges (auf Google Maps).
Ane Kleine-Engel
Typ: |
verschiedene Typen |
Quelle: |
LWB;Knapphäischterbëlleg: Rewenig, Guy : Mass mat dräi Hären. Luxemburg 1993³. Dort: S. 60: Faffa grodükall Knapphäischterbelleg!Leo GMBH Online Wörterbuch; Linguee GMBH Online Wörterbuch; Wikimedia Foundation, Inc. s.v. Placeholder names.Twiddlethorp: http://www.british-genealogy.com/forums/archive/index.php/t-54889.htmlTrifouilly-les-Oies: http://www.flickr.com/photos/7969902@N07/6262925391/Foufnie-les-Berdouilles, Macapète und viele andere: http://saintpierredescorps-cestouca.blogspot.com/2010/02/jhabite-saint-profond-des-meumeu.htmlHintertupfingen u.a.: http://www.philhist.uni-augsburg.de/lehrstuehle/germanistik/sprachwissenschaft/ada/runde_2/f26/Hintertupfingen siehe auch die Bahnstation der Modelleisenbahn von Faller: http://faller.de/App/WebObjects/XSeMIPS.woa/cms/layout/lid.223/bid.40/110091.htmlhammen: Rheinisches Wörterbuch: hammen -a- Klev-Calcar schw.: essen, bes. viel, schnell, unfein essen. S. hamhammen |
LWB :
vreckt: […] ON.: beim vreckten Hénkel (sehr arme Gegend, Niederlassung).
Nidderkluddescht fiktiver ON.: «Dingsda» — cf. sub Déngen.
Frädebuerg ON […] ; 2) fiktiver ON. in der Ra.: e gët op Frädebuerg begruewen (man weint nicht um ihn).
Weitere Belege aus dem LWB s.v.:
Fluppech erfundener ON. in der Ra.: gebotzt ewéi d’Braut vu Fluppech (s. Stuppech On, fluppeg).
Abb: Die Verteilung der Platzhaltenamen in Deutschland vgl. die Seite der Universität Augsburg mit weiteren Erklärungen: http://www.philhist.uni-augsburg.de/lehrstuehle/germanistik/sprachwissenschaft/ada/runde_2/f26/
Allgemeine Anmerkung:
In der Rubrik Sproch vum Mount des Projekts DoLPh werden luxemburgische Redewendungen allgemeinverständlich in 400-Wort-Artikeln erklärt. Die Schreibweise der Belege richtet sich nach der jeweiligen Orthographie in den Originaltexten und historischen Wörterbüchern, aus denen sie entnommen sind, und ist nicht an die reformierte neue Rechtschreibung angeglichen. Somit wird der sprachhistorischen Ausrichtung des Projekts Rechnung getragen und verhindert, dass vom Sprachgebrauch in älteren Quellen irrtümlich auf die Verwendung im rezenten Luxemburgischen geschlossen wird.
Geographesch ass dann och nach intressant:
Déngenskiirchen, Hannerknuppech, Hannerklengwäinhäffen
An Zäitlech: Päifeneijooschdag a Mokuchsdag