Zu Schreibweise und Auswahl der Belege siehe die allgemeine Anmerkung am Ende des Textes.
Die Feder ist in idiomatischen Redewendungen ein gern verwendetes Bild. Zwar handelt es sich um ein Wort mit vielfältigen Bedeutungen, doch dient im phraseologischen Kontext fast ausschließlich die Vogelfeder als Bildspender.
Da ist zum einen die Schreibfeder, also der angespitzte (Gänse-)Federkiel, der ab dem 4. Jahrhundert als Schreibwerkzeug genutzt und ab dem späten 18. Jahrhundert aus Metall (wie beim Füllfederhalter) nachgebildet wurde. Eng spatz Fieder hunn oder féieren bis heute Leute, deren kritische oder gar provozierende schriftliche Äußerungen gefürchtet sind, auch wenn sie gar keine Schreibfedern mehr benutzen. Wer dagegen mat zwou Fiedere schreift, behauptet Widersprüchliches, um seine persönlichen Interessen durchzusetzen.
Häufiger wird in idiomatischen Wendungen auf die Gesamtheit der Federn (das Gefieder bzw. Federkleid) von Vögeln angespielt, wobei zwischen Kontur- und Unterfedern unterschieden werden muss. Im Luxemburgischen wird für beide Arten von Federn Fiederen und Plommen (frz. plumes) synonym verwendet, tendenziell bezeichnen Fiederen eher die Konturfedern, Plommen eher die Unterfedern. Die Unterfedern dienen oft als Bild für Leichtigkeit und, im übertragenen Sinn, für Sorglosigkeit, glückliche Fügungen oder gutes Gelingen. Eng Fieder / Plomm an d’héi Luucht blosen bzw. eng Fieder an d’Loft blosen kann man, wenn Sorgen von einem genommen wurden oder man etwas ohne viel Mühe erreicht hat. Unterfedern sind auch das Material, mit dem Federbetten gefüllt werden, und wer nët aus de Fiedere kënnt, schläft gerne lang. Die Konturfedern versinnbildlichen in der Regel die äußere Erscheinung und Außenwirkung eines Menschen, etwa in Redensarten wie schéi Fiedere maache schéi Vullen (Kleider machen Leute) und un de Fiederen erkennt een d’Vullen (an seinem Handeln erkennt man den Menschen). Wer Fiedere gelooss huet oder d’Fiederen hänken léisst musste eine Niederlage hinnehmen oder eine schlechte Erfahrung machen. Wer sech eng Fieder ausrappt, opfert etwas Unbedeutendes, um größeren Schaden zu vermeiden.
Besonders verbreitet ist die Redewendung sech mat frieme Fiedere rëschten, wenn jemand die Verdienste anderer als seine eigenen ausgibt. Die Redewendung ist seit der Antike in vielen europäischen Sprachen geläufig und geht auf eine Fabel des römischen Dichters Phädrus (ca. 15 v. Chr. – 50 n. Chr.) zurück. In der Phädrus-Fabel schmückt sich eine Krähe mit Pfauenfedern, verspottet ihre Artgenossen und mischt sich unter die schönen Pfauen; ihr Betrug fliegt auf, sie wird schließlich von den Pfauen wie von den Krähen beschimpft und verstoßen. Die Fabel ist in zahlreichen, motivisch teils stark variierenden Versionen überliefert und gehört zu den bekanntesten Fabeln weltweit – ebenso wie die bezügliche Redewendung.
Jutta Schumacher
Typ: |
Idiom |
Quellen: |
LWB; Wolter, Laure: 5000 Riedensaarten, Ausdréck a Vergläicher, Lëtzebuerg 1996. |
LWB s.v.
Fieder 1): «Vogelfeder» – Spww.: Un de Fiedere erkennt een d’Vullen […] – Schéi Fiedere maache schéi Vullen […] – du kanns eng Fieder an d’héi Luucht blosen […] – en huet Fiedere gelooss […] – e léisst nach Fiederen hänken […] – e rappt sech eng Fieder aus […] – e kënnt nët aus de Fiederen […]; 2): «Schreibfeder» […] – e schreift mat zwou Fiederen […] – e féiert eng gutt, kéng, schaarf, spatz … Fieder […].
Plaum, Plomm: «Feder, Flaumfeder» – (sou) liicht ewéi eng Plomm – en huet beim Handel Plaume gelooss – du kanns eng Plomm an d’(héi – hohe) Luucht blosen […] – e kënnt nët aus de Plaumen […].
Wolter, Laure: 5000 Riedensaarten, Ausdréck a Vergläicher, Lëtzebuerg 1996. s.v. Fieder, S. 54
sech mat frieme Fiedere rëschten: anerleits Verdéngschter als séng eegen ugin
eng Fieder an d’Loft blosen: zefridde sin no villem Geschaffs
Fiedere loossen: Schued hun
nët aus de Fiedere kommen: laang schlofen
eng spatz Fieder hun: schaarf Artikele schreiwen
mat zwou Fiedere schreiwen: onéierlech sin
Allgemeine Anmerkung:
In der Rubrik Sproch vum Mount des Projekts DoLPh werden luxemburgische Redewendungen allgemeinverständlich in 400-Wort-Artikeln erklärt. Die Schreibweise der Belege richtet sich nach der jeweiligen Orthographie in den Originaltexten und historischen Wörterbüchern, aus denen sie entnommen sind, und ist nicht an die reformierte neue Rechtschreibung angeglichen. Somit wird der sprachhistorischen Ausrichtung des Projekts Rechnung getragen und verhindert, dass vom Sprachgebrauch in älteren Quellen irrtümlich auf die Verwendung im rezenten Luxemburgischen geschlossen wird.